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Am 12. Juli 2020 haben wir die zweite Honigernte dieses Jahres eingefahren. Zusammen mit Mitgliedern unserer Neu-Imker-Gruppe haben wir die Honigräume erst abgenommen, dann - soweit noch erforderlich - "entbient", sprich bienenfrei gemacht und zur bereitstehenden Honigschleuder transportiert.

Leider haben wir es nicht geschafft, alle Waben völlig bienenfrei zu bekommen. Einige Bienen sind dann doch unfreiwillig als blinde Passagiere mit auf die Reise zur Schleuder genommen worden.

Alleine für das Abräumen und den Transport der Honigräume haben wir gut zwei Stunden benötigt. Danach ging es dann erst "richtig" los: die Honigwaben werden entdeckelt. Jeweils vier Waben passen in den Korb unserer Honigschleuder hinein. Um einen Bruch der Waben zu vermeiden, werden sie zu Beginn nur langsam bei noch relativ niedriger Umdrehungszahl "angeschleudert". Durch die hierbei auftretenden Fliehkräfte werden die in den Waben nach außen zeigenden Honigmengen gegen die Trommelwand geschleudert und fließen daran nach unten auf den Boden, während der innen sitzende Honig gegen die Waben gepresst wird. Deshalb werden die Rahmen nach dem Anschleudern mehrmals gewendet.

Ein Auslassstutzen am Boden erlaubt den Abfluss des Honigs. Zu diesem Zeitpunkt enthält er noch Wachsreste sowohl vom Entdeckeln als auch von den Waben selbst. Diese festen Teile werden unterhalb des Ausflusses in einem Spitzsieb aufgefangen und herausgefiltert. Der so gewonnene Honig ist damit frei von mechanischen Verunreinigungen und wird in einem metallenen Eimer gesammelt.

Honigschleuder-Spitzsieb im Überlaufeimer-Honigeimer

Ist der Honigspiegel hoch genug, fließt der Honig über einen Überlauf in einen zweiten Honigeimer, siehe das Photo oben. Im Prinzip stellt dieses System eine Art Überlaufbrunnen dar.

Die Eimer aus lebensmittelgerechtem Kunststoff heißen Hobbocks. In ihnen wird der aufgefangene Honig bis zu seiner Reife zwischengelagert.

In den ersten Tagen nach dem Schleudern steigen noch Luftbläschen auf und bilden eine Art Schaum. Vor dem Einlagern wird dieser Schaum noch mechanisch entfernt. Anschließend lagert und ruht der Honig mehrere Wochen lang. Während dieser Zeit reift er.

Irgendwann beginnt dann plötzlich im Honig ein Kristallisationsprozess. Der zunächst noch flüssige Honig wird dabei langsam immer fester. Hierbei ändert er sein Aussehen und seine Farbe. Dies ist nun der Zeitpunkt, an dem der Honig gerührt werden muss. Die sich bildenden langen Zuckerkristallketten werden hierbei mechanisch aufgebrochen und verkleinert. Der Sinn dieses Rührens besteht darin, den Honig für den Imker abfüllbar und für den Verbraucher "nutzbar" zu machen. Ohne Rühren könnte er je nach Honigsorte fast so hart wie Beton werden. Damit ist er kaum noch essbar. Durch das Rühren wird die Konsistenz des Honigs weich und cremig. Vor allem kann er dann in seiner zähflüssigen Form in Gläser abgefüllt werden.

Beim Entdeckeln der Waben fällt Bienenwachs in höchster Güte und Qualität an. Dieses Wachs ist noch mit Honigresten behaftet. Wir sammeln es zunächst. Nach dem Schleudern geben wir es in einen möglichst großen Kochtopf und versetzen es mit Wasser.

Vorbereitungen für Agua mel

Auf einem Herd wird es langsam erhitzt bis das Wachs vollständig geschmolzen ist. Danach darf es wieder abkühlen. Bienenwachs schmilzt bereits bei 62 Grad und, weil es leichter als Wasser ist, schwimmt auf dessen Oberfläche. Dadurch bildet es einen wächsernen Pfropf im Kochtopf. Dadurch dauert es viele Stunden, bis sich dieses Wachs-Wasser-Honig-Gemisch wieder abgekühlt hat. Kalt geworden, kann das erkaltete Wachs als fester Block einfach abgehoben werden. Darunter bleiben die im Wasser aufgelösten Honigreste im Topf übrig.

Vorbereitungen für Agua mel

Sie werden zur Sicherheit noch einmal durch ein feines Sieb gegossen. Anschließend, mit Gewürzen versehen, wird diese Flüssigkeit langsam zu einem Sirup eingekocht.

Als Agua mel stellt es dann eine portugiesische Spezialität dar, die dort im Handel sogar wesentlich teurer als der zugrunde liegende Honig verkauft wird. Agua mel heißt übersetzt süßes Wasser. Auf Sardinien kennt man diese Spezialität ebenso.

Ein Teil unserer Honigernte vom 12.7.20

Der Hobbock im Bild rechts oben ist leer und zählt nicht mit. In diesen Eimern wird der Honig während seines Reifeprozesses zwischengelagert.

Bei den Mengen, die wir dieses Mal verarbeitet haben, habe ich vorsichtshalber zwischendurch das Spitzsieb gewechselt, damit es nicht durch die Wachsreste verstopfen kann. Hierzu wird es angehoben und auf einem runden Gestell abgesetzt, das mit drei Holzbeinen über einem Hobbock aufgebaut worden ist. Der im Sieb noch befindliche Honig kann so direkt nach unten in den Eimer ablaufen.

Eine der Bienen, die als blinde Passagiere mitgebracht worden sind, hat sich auf der Oberkante des Spitzsiebes niedergelassen und den in seinen Maschen vorhandenen Honig herausgesaugt. Es ist mir gelungen sie dabei zu photographieren. Sie stand mir dabei unfreiwilliger Weise Modell.

Biene aus Spitzsieb

Sehr schön ist bei diesem "Photo-Modell" der Körperbau und ein Teil seiner Anatomie zu erkennen. Ganz rechts sieht man die abgeknickten Fühler (Antennen) und vom Kopf ausgehend den Saugrüssel.

Biene auf Spitzsieb

Nach dem Schleudern geht es dann ans Aufräumen und Saubermachen. Die benutzen Honigwaben beziehungsweise leeren Rahmen werden zur Seite gestellt und gelagert. Die Honigschleuder wird auseinandergenommen und gereinigt.

Leere Schleudertrommel
Schleuderkorb in der Badewanne

Natürlich fällt beim Schleudern der eine oder andere Tropfen Honig auf den Boden, wird dort auch noch breitgetreten und verteilt sich so über weitere Flächen. Mit anderen Worten: es darf anschließend der Boden geputzt werden. Honig ist nun einmal eine kleebrige Angelegenheit. Da reicht oft ein einmaliges Aufwischen nicht aus....

Wenn man alle erwähnten Arbeitsschritte zusammenzählt, wird es schnell verständlich und nachvollziehbar, dass alleine die Honigernte eine zeitfressende Angelegenheit ist. Für das spätere Rühren, Abfüllen und Etikettieren kann man fast die gleiche Stundenzahl noch einmal hinzu rechnen. Und: es ist alles Handarbeit! Bei Hobby- oder Nebenerwerbsimkern lässt sich nicht viel automatisieren. Das macht den Imkerhonig - nicht nur wegen seines tollen Inhaltes - so wertvoll.

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