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Wenn man an einem Bienenvolk arbeitet, muss man die einzelnen Rahmen aus dem Magazin herausziehen, um darauf den Zustand des Volkes beurteilen zu können. Zwei Bilder habe ich heute mitgebracht, die etwas sehr Unterschiedliches zeigen.

Das erste Photo zeigt eine Biene, die gerade dabei ist, das Licht ihrer Welt zu erblicken. Sie schlüpft. Dazu muss sie von innen heraus den Wachsdeckel, der ihre Zelle verschließt, abnagen. Dieser Vorgang kann manchmal einige Zeit in Anspruch nehmen. Sobald sie geschlüpft ist, beginnt sie nach einer kurzen Pause sofort mit ihrer Arbeit im Volk. Das sieht so aus, als ob ihr bereits vor der "Geburt" ein Programm eingesetzt worden ist, dass unmittelbar nach dem Schlupf startet.

Beim Herausziehen der Rahmen geschieht es fast schon zwangsläufig, dass manchmal die Zelldeckel versehentlich geöffnet werden, weil sie beispielsweise an etwas hängenbleiben. Besonders die Drohnenzellen sind dafür prädestiniert, weil sie deutlich größer als die Arbeiterinnenzellen sind. Aber auch Honigzelldeckel können beim Herausheben abgeschabt werden, so dass der Inhalt sich nach außen ergießt.

Das zweite Bild stellt dieses an einer Drohnenzelle dar. Die zugehörige Drohne ist im Puppenstadium. Dieses Stadium dauert normalerweise 14 Tage. In dieser Zeit wird aus der Larve zunächst eine Puppe, die kontinuierlich weiter heranreift und später als Drohne das Licht der Welt erblickt. Der unabsichtlich geöffnete Deckel gibt den Blick auf eine Puppe frei.

Deutlich sind bereits die Antennen und der Kopf zu erkennen. Alles ist noch weitgehend farblos. Das bedeutet, dass die Entwicklung, die Metamorphose, noch lange nicht abgeschlossen ist. Rechts unterhalb der Puppe ist übrigens gerade eine Zelle geöffnet, aus der die nächste Arbeiterin schlüpfen wird.

Diese Puppe ist nicht überlebensfähig. Die Bienen werden sie bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit aus der Zelle herausholen und entsorgen. Auf diese Weise bleibt das Innere eines Bienenstocks immer sauber und die Zelle kann wieder von der Königin bestiftet, mit einem Ei versorgt, werden.

Vor wenigen Tagen habe ich auf unserem Balkon eine Wespe gesehen, die erste in diesem Jahr, und mich nur gewundert, weil sie so früh im Jahr aufgetaucht ist. Im Nachhinein ergibt dieses aber einen Sinn.

Zwei Tage vorher hat Matthias einen auf dem gleichen Balkon deponierten Kaffeesack angehoben und darin eine graue Struktur entdeckt und mir gezeigt:

Es ist grau und hauchdünn. Erster Eindruck: das ist doch ein Wespennest! Der Blick von oben in diese Halbkugel hinein bestätigt das. Im Inneren sind erste sechseckige Zellen zu erkennen, die zentral in der Mitte angeordnet sind.

Der Clou: beim genauen Hinsehen sind in den Zellen stehende Eier zu erkennen. Im folgenden Bild wird das noch deutlicher.

In den Zellen sind an mindestens drei Stellen aufrecht stehende Eier zu erkennen.

Das heißt nachträglich folgendes: die beobachtete Wespe ist eine Wespenkönigin gewesen, die im Frühjahr aus ihrer Winterstarre, der Diapause, erwacht ist und nun ein neues Volk gründen wird. Diese Königin ist eine junge Königin, die erst im Herbst zuvor gebildet worden ist. Sie hat den Winter überlebt und startet nun als Einzelwesen mit der Volksgründung. Ihr Nest baut sie aus zerkauten Holzteilen mit einer papierartigen Masse.

Im letzten Herbst ist sie von Drohnen eines anderen Volkes begattet worden. Die (alten) Arbeiterinnen und Drohnen sterben spätestens im Winter ab. Im folgenden Frühjahr sucht die junge Königin sich ein geeignetes Plätzchen und beginnt dort mit dem Nestbau. Hier hinein legt sie einige wenige Eier, die sie zuvor befruchtet hat.

Aus ihnen entwickeln sich Larven, die von der Königin ernährt werden. Die Nahrung besteht aus einem Brei zerkauter Insekten. Nach der Fütterung sondern die Larven einen süßen Tropfen ab, der wiederum nun die Königin ernährt. Dies ist zugleich der Toilettengang der Larven. Zudem sondert die Königin ein Pheromon ab, das verhindert, dass aus den Larven befruchtungsfähige Weibchen werden. Stattdessen entwickeln sie sich zu unfruchtbaren Arbeiterinnen. Nach ihrem Schlupf übernehmen sie sämtliche Arbeiten im Nest bis auf das Eierlegen.

Im Laufe der Zeit sind genügend Arbeiterinnen geschlüpft, so dass die Königin das gebildete Nest nicht mehr verlassen muss, sondern nur noch ihre Eier legt und für Nachkommen sorgt.

Zur Familie der Wespen zählen übrigens auch die Hornissen.

In ihrem Verhalten zeigen sie deutliche Parallelen zu den Bienen. Es existiert eine klare Wesensverteilung: Königin, Arbeiterinnen, Drohnen, und eine ebenso deutliche Arbeitsteilung wie Brutpflege, Nestbau, Zellputz, Fütterung der Königin. Wie bei den Bienen könnte man hier also auch von einem Superorganismus sprechen.

Im Gegensatz zu den Bienen sterben bis auf die im Herbst neu geschlüpfte Königin alle Wespen ab. Das heißt, sie sind also nur einjährig. Ein vorhandenes Nest wird nicht wieder benutzt, sondern im Frühjahr durch die Königin neu gebaut.

Wie bei den Bienen entwickeln sich die Männchen, die Drohnen, aus unbefruchteten Eiern. Nach erfolgter Paarung mit einer nestfremden Königin sterben die Drohnen ab. Im Herbst stirbt auch die alte Königin und die neue sucht sich ein Winterquartier bis zum kommenden Frühjahr. Dann schließt sich der Kreislauf wieder.

Hier beschreibe ich heute einmal, wie die Vermehrung der Bienen abläuft und illustriere das mit eigenen Photographien.

Am Anfang.... ist die Bienenkönigin.

Bienenkönigin auf einer Wabe

Sie ist auf dem Bild oben genau in der Mitte sehr gut zu erkennen. Ihren langen und schlanken Hinterleib steckt sie in eine der Wabenzellen hinein. Vorher misst sie die Größe dieser Zellen aus. Je nach der Größe kommen dort unterschiedliche Eier hinein: in die "normalen" Zellen legt sie befruchtete, in die um einen Millimeter größeren Drohnenzellen unbefruchtete Eier hinein.

Den Hinterleib führt sie dabei senkrecht in die Tiefe der Zelle ein. Deshalb stehen die frisch gelegten Eier ebenfalls senkrecht in ihnen auf dem Boden. Wie kleine Stifte ragen sie empor. Wir Imker nennen sie deshalb auch so: Stifte. Den Vorgang der Eiablage nennen wir aus dem gleichen Grund auch bestiften.

Innhalb des nächsten Tages legt sich das Ei auf die Seite. Die Bienen umgeben es mit einem kleinen See von Futtersaft.

Entwicklung zur Biene: Eier, Larven/Maden in verschiedenen Stadien

Aus dem Ei schlüpft eine zunächst noch sehr kleine Made. Wir Imker sind hier sprachlich ein wenig ungenau: zu den Maden sagen wir auch Larven. Beide Wörter werden synonym verwendet.

In dem Bild oben erkannt man sowohl die Eier als auch die Maden. Die Eier sind bereits umgefallen, also älter als mindestens einen Tag. Aus den zunächst noch sehr kleinen Larven werden durch das Füttern der Bienen immer größere Maden.

Rundmaden

Zuletzt füllen sie den Zellenraum fast komplett aus.

Am ersten Tag werden alle Larven noch mit Gelée Royale gefüttert. Ab dem zweiten Tag jedoch nicht mehr. Nur, wenn aus einem Ei eine neue Königin werden soll, wird diese Larve weiterhin mit dem Gelée Royale gefüttert. Dieses unterschiedliche Fütterungsverhalten ist für die jeweilige Entwicklung verantwortlich. Aus jedem befruchteten Ei kann so nämlich eine Königin werden.

Lediglich bei den werdenden Drohnen sind die Eier nicht befruchtet. Aber auch sie werden wie die Arbeiterinnen gefüttert und groß gezogen.

Am Ende des Madenstadiums wird die Zelle mit einem Deckel verschlossen. Die Verdeckelung erfolgt bei einer Königin am achten, bei einer Arbeiterin am neunten und bei einer Drohne am zehnten Tag.

Brutnest, verdeckelt, fast die gesamte Wabenfläche ausnutzend

Unter dem Deckel entwickelt sich die Rundmade zu einer Streckmade, sie häutet sich mehrmals und wird schließlich zur Puppe.

Eine Königin schlüpft am Tag 16, eine Arbeiterin am Tag 21 und eine Drohne am Tag 24. Die Arbeiterinnen durchlaufen nach ihrem Schlupf eine Art Fahrplan. Grob gesagt: in den ersten drei Wochen ihres Lebens sind sie nur im Bienenstock, in den zweiten drei Wochen dann als Flugbienen außerhalb und tragen Nektar ein.

Auch die Stockbienen der ersten drei Wochen machen noch eine weitere Entwicklung durch. Vereinfacht gesagt wandern sie innerhalb dieser Zeit von fluglochfern nach fluglochnah. Sie putzen die Zellen zunächst, bauen Zellen auf, indem sie Wachs aus ihren Drüsen schmelzen, füttern die Brut, nehmen den eingetragenen Nektar der Flugbienen auf und geben ihn im Volk weiter an die nächste Biene, werden später zu Wächterbienen am Flugloch und sind dann selber auf Flugbetrieb in der Außenwelt.

Hierbei schuften sie sich zu Tode. Im Sommer wird eine Biene nicht älter als etwa sechs Wochen. Im Winter hingegen, wenn der Flugbetrieb entfällt, können sie als Winterbienen mehrere Monate alt werden. Erst im kommenden Frühjahr beginnt für sie der Flugbetrieb. Wenn dann die erste Generation der neuen Bienen geschlüpft ist, sterben auch sie.

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