Am 7. Mai 2015 kam um 16:25 Uhr eine E-Mail von Markus Schaufler bei uns an mit der Bitte um dringenden Rückruf: auf der Streuobstwiese, auf der unsere Bienen stehen, habe er soeben einen Schwarm entdeckt.
Matthias und ich waren beide zu dieser Zeit noch auf der Arbeit, haben diese daraufhin zügig beendet, um den Schwarm zu fangen. Weil ich als erster daheim war suchte ich die nötigen Materialien zusammen und verstaute sie im Auto. Auf einen Schwarm-Alarm waren wir bis dahin noch nicht eingerichtet. Nachdem Matthias eingetroffen war, fuhren wir sofort zu "unserer" Streuobstwiese. Markus Schaufler erwartete uns bereits dort und half uns tatkräftig bei den weiteren Arbeiten.
Unsere Schwarm-Alarm-Einsatz-Ausrüstung: eine große Plastikbox mit Deckel, ein hoher Wanderboden, eine Leerzarge und ein Deckel, eine Sprühflasche mit Wasser, Wasservorrat im Kanister, zwei Abkehrbesen, eine kleine Säge, eine Bügelsäge, eine Astschere und unsere Schutzkleidung (glücklicherweise hatte ich mir einen Tag zuvor noch eine Schutzjacke mit aufgesetzter Haube gekauft....)
Nach kurzer Inspektion sahen wir den Schwarm in knapp 3 Metern Höhe in einem Apfelbaum hängen. Während Markus und Matthias das Geäst ein wenig ausschnitten, legte ich zwei 30 cm hohe Steinquader auf den Boden, um so besser an oder direkt unter das Bienenvolk zu gelangen.
Mit einem Wassernebel aus der Sprühflasche überzogen wir die äußeren Hüllbienen des Schwarmes von allen Seiten mit einem dünnen Wasserfilm. Das verhindert ein Auffliegen.
Angetan mit meiner neuen Schutzkleidung stellte ich mich mit der Plastikbox so dicht wie möglich unter die Traube. Matthias schlug mit einem dicken Ast von oben neben den Schwarm. Durch diese Erschütterung löste er sich und ich fing ihn in meiner Box auf. Ein Großteil der Bienen fiel dort hinein, ein kleinerer Teil schwirrte auf und zog umher und setzte sich anschließend auf meiner Kleidung ab. Ein kleiner Rest von Bienen blieb am ursprünglichen Sitz hängen oder sammelte sich dort erneut.
Die unverschlossene Box stellte ich auf den Boden, Matthias kehrte die Bienen von meiner Kleidung in die Box, die anschließend mit dem Deckel verschlossen wurde. Damit waren die Bienen erst einmal gefangen und konnten nicht mehr fliehen.
Zwei Bienen waren dummerweise in die nicht vollständig verschlossene Kopfhaube meiner Schutzkleidung eingedrungen und schwirrten nun darin umher. Ein wenig ängstlich gingen wir zur Seite und öffneten die Reißverschlüsse der Haube, so dass die beiden gefangenen Bienen entweichen konnten. Insgesamt gab es allerdings keinen einzigen Bienenstich.
Die mitgebrachten Einzelteile der neuen Bienenbeute (Wanderboden, Leerzarge) baute ich danach in Ruhe zusammen auf. Die gefangenen Bienen schlugen oder kippten wir dann in die inzwischen vorbereitete leere Beute und verschlossen sie nach oben mit dem zugehörigen Deckel. Das Flugloch zeigte in Richtung des Baumstammes, wir ließen es bewusst offen. Der Hintergedanke dabei war der, dass sich die Bienen am Pheromonduft ihrer Königin orientieren und ihm folgen würden. Unter der Annahme, dass wir die Königin mit in die Beute gebracht haben, brauchen wir nun nur noch zu warten, bis die übrigen Bienen über das Flugloch in das Beuteninnere gefolgt sind. Dieser Vorgang zieht sich in der Regel über mehrere Stunden bis zur Dämmerung hin.
Allerdings sammelten sich noch viele weitere Bienen am ursprünglichen Sitz des Schwarmes. Wir waren verunsichert und fragten uns, ob wir die Königin auch wirklich eingefangen hätten. Zur Sicherheit wiederholten wir das Abschlagen noch einmal und leerten den Fang sofort in die Beute.
Als es fast dunkel war, bin ich nochmals auf die Streuobstwiese gegangen. Alle Bienen waren verschwunden. Beim Anheben des Deckels hörte ich ein Brausen und wusste nun sicher, dass das Volk in der Beute bei seiner Königin war. Das Flugloch wurde dann von mir verschlossen, damit die Bienen sich erst einmal in der neuen Behausung beruhigen konnten. Es gibt Imker, die die Ansicht vertreten, dass ein so gefangener Schwarm erst einmal zur Beruhigung für drei Tage im kühlen Keller abgestellt werden sollte. Den Bienen schadet diese Prozedur nichts, sie verhungern nicht, weil sie vor dem Abschwärmen sich die Mägen voll gefressen haben und mehrere Tage ohne Futter auskommen können. Wir haben dieses Keller-Abkühl-Verfahren niemals angewendet. Meines Erachtens ist es völlig ausreichend, wenn die Bienen eine Nacht oder einen Tag so zur Ruhe kommen.
Am nächsten Nachmittag haben wir dann in Schutzausrüstung die Beute geöffnet. Ein großer Teil des Schwarms hing an der Deckelunterseite und hatte bereits die ersten Waben dort gebaut.
Auf die Leerzarge vom Tag zuvor haben wir eine mit zehn Mittelwänden ausgestattete zweite Zarge gestellt. In der Mitte hatte ich einen Rahmen mit bereits ausgebauten Waben von der letzten Honigernte positioniert. Unsere Überlegung war dabei die, dass die Königin dann zügiger mit der neuen Eiablage beginnen könne und nicht erst auf die neu ausgebauten Mittelwände warten müsse.
Es ist unglaublich wie schnell ein gefangener Schwarm mit dem Wabenbau vorankommt. Bereits nach wenigen Tagen sind die Mittelwände in der Regel voll zu Waben ausgebaut. Das Flugloch hatte ich natürlich wieder geöffnet. Das Ausschwitzen von Wachs aus den Wachsdrüsen am hinteren Unterleib kostet die Bienen sehr viel Energie und die Vorräte in den Honigmägen sind begrenzt. Also müssen die Bienen die Möglichkeit bekommen Nachschub zu besorgen.
Markus Schaufler hat einen Teil der Aktion mit seinem Smartphone gefilmt. Sobald ich diese Videodatei erhalten habe, werde ich sie hier an dieser Stelle einfügen. Deshalb kann es sich lohnen, in wenigen Tagen erneut auf diesen Beitrag zu schauen.
Als kleinen Dank an Markus habe ich dieses neue Volk "San Marco" genannt. Weil es in diesem Jahr unser erster Schwarm war, bekommt er die Nummer 01/2015. Die Schwarmsaison 2015 ist in vollem Gange. Wer weiß, bei welcher Zahl wir noch landen werden....